Deutsche Biogasanlagen ersetzen ein Atomkraftwerk
Die Betreiber von Biogasanlagen fassen wieder neuen Mut. Inzwischen übertrifft die Leistung der deutschen Biogasanlagen selbst den größten der 17 deutschen Kernreaktoren.
Die Biogasbranche nimmt nach zwei schwierigen Jahren wieder Fahrt auf. Laut aktueller Erhebung des Fachverbandes Biogas e.V. sind derzeit in Deutschland 4.344 Biogasanlagen mit einer elektrischen Gesamtleistung von 1.597 Megawatt in Betrieb. Zum Vergleich: Brokdorf, der leistungsstärkste Kernreaktor in Deutschland, besitzt eine elektrische Bruttoleistung von 1.480 MW. Der Vergleich ist in diesem Fall auch zulässig, da Biogas ebenso wie Kernkraft eine „rund-um-die-Uhr-Versorgung“, die sogenannte Grundlast liefert.
Niedersachsen Leistungs-Spitzenreiter
Bayern ist zwar zahlenmäßig mit rund 1.500 Biogasanlagen Spitzenreiter, gemessen an der Leistung liegt allerdings Niedersachsen mit 365 MW vorne. Bis Ende 2009 prognostiziert der Fachverband Biogas für Deutschland einen Anlagenbestand von rund 4.500 und eine Gesamtleistung von über 1.650 Megawatt. „Mit rund 600 Neuanlagen bis Ende 2009 können wir mehr als zufrieden sein“, freut sich der Präsident des Fachverbandes Biogas, Josef Pellmeyer. „Trotz Wirtschaftskrise und immer komplexeren und längeren Genehmigungsverfahren kann die Branche in diesem Jahr endlich wieder deutlich zulegen.“
EEG zu komplex
Basis für die aktuelle Entwicklung sind die seit dem 1. Januar 2009 geltenden Bedingungen des novellierten Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG 2009). Allerdings hat das Gesetz aufgrund seiner Komplexität und vieler auslegungsbedürftiger Regelungen später gegriffen als erwartet. Zudem mussten die geplanten Anlagen erst die zunehmenden bürokratischen Genehmigungsschritte durchlaufen. „Für viele Firmen war es allerhöchste Zeit, dass die lange Durststrecke zu Ende ging. Nun, im letzten Quartal 2009, ist ein spürbarer Bauboom zu registrieren“, so Pellmeyer.
Kleinere Biogasanlagen auf Güllebasis gefragt
Zahlreiche Unternehmen können sich derzeit über volle Auftragsbücher freuen. Es sind vor allem die kleineren Anlagen bis 250 Kilowatt (kW) elektrischer Leistung, die stark nachgefragt sind. Hier hat sich der Güllebonus als neues Instrument des EEG 2009 bewährt. Mehr als die Hälfte der deutschen Biogasanlagen liegt im Leistungsbereich 151 – 500 kW. Nur drei Prozent haben eine Kapazität von mehr als einem Megawatt. Es sind vor allem die Gaseinspeiseanlagen, die im Megawatt-Bereich produzieren. Zu den derzeit gut 20 Einspeiseanlagen werden im Jahr 2010 voraussichtlich mehr als 30 neue hinzukommen.
Erst wenige Anbieter von Bioerdgas-Tarifen
In Deutschland bieten erst wenige Gasanbieter spezielle Bioerdgas-Tarife an, bei denen auf Erdgasqualität aufbereitetes Biogas beigemischt wird. LichtBlick garantiert eine Beimischung von 5%. Der Nürnberger Gasanbieter goldgas verspricht bei seinem Gastarif "goldgasgreen" immerhin 10% Biogasanteil. Die Berliner GASAG bietet ihren Kunden den Tarif "GASAG-Bio10" an. Auch hier werden dem Erdgas 10% Biogas beigemischt. Alleine EnBW bietet bereits einen Tarif mit 20% Biogasanteil an: "EnBW Bioerdgas 20".
Dass nur wenige Gasanbieter spezielle Bioerdgas-Tarife anbieten, heisst allerdings nicht, dass nicht jeder Gaskunde zu einem gewissen Prozentsatz Biogas erhält. Gemäß des EEG sind nämlich alle lokalen Gasnetzbetreiber verpflichtet, auf Erdgasqualität aufbereitetes Biogas einzuspeisen und entsprechend zu vergüten.
Quelle: Strom-Prinz.de | Martin Kreusch