Fachregeln für Reetdachdeckungen
Der Zentralverband des Deutschen Dachdeckerhandwerks ist der Herausgeber des Regelwerkes. Durch dieses Regelwerk wird der anerkannte Stand der Technik für alle Bereiche des Dachdeckerhandwerks dokumentiert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die Erarbeitung dieses Regelwerkes erfolgt durch die Mitgliedsbetriebe der Innungen. Wir danken insbesondere den ehrenamtlich tätigen Dachdeckermeistern für ihre Mitarbeit.
1. Allgemeines
Die Regeldachneigung für Reetdeckungen beträgt 45° (100 %). Die Dachneigung von Dachflächen, die in Kehlen zusammenstoßen, darf nicht unter 40° betragen. Diese Dachneigung auch mit regensichernden Zusatzmaßnahmen nicht unterschritten werden. Die zu erwartende Lebensdauer wird durch die erhöhte Wasseraufnahme bei geringeren Dachneigungen eingeschränkt.
Die Nutzung des Dachgeschosses, insbesondere zu Wohnzwecken, stellt eine erhöhte Anforderung an die Dachfunktion dar. Dabei sind bauphysikalische Anforderungen wie Wärme-, Feuchte- , Schall- und Brandschutz zu berücksichtigen.
Zwischen der Unterseite der Lattung und der Wärmedämmung muss ein Luftraum sichergestellt sein. Um das Binden oder Reparieren der Reetdeckung zu ermöglichen, sollte ein Abstand von mindestens 0,06 m sichergestellt sein. Be- und Entlüftungsöffnungen sind nicht notwendig, da die Deckung selbst genügend Luft durchlässt.
Aus folgenden örtlichen Bestimmungen können sich zusätzliche Anforderungen ergeben:
* Landesbauordnung,
* bauaufsichtliche Vorschriften,
* Städte- , Kreis- und Gemeindeverordnungen oder - satzungen,
* Auflagen des Denkmalschutzes.
Reet muss dem Produktdatenblatt des Regelwerkes des Dachdeckerhandwerks entsprechen.
Reet soll ausgereift, gesund, blattfrei, dünnhalmig (etwa 3 mm bis höchstens 9 mm dick), gradhalmig und bei der Verarbeitung trocken und gesäubert sein. Die Länge der Reetbunde für die Flächendeckung soll entsprechend der Dachneigung, der Sparrenlänge und der Dicke der Dachdeckung zwischen 1,40 m und 2,00 m lang sein. Bei An- und Abschlüssen können andere Längen verwendet werden.
Zur Deckung des Firstes werden Reet, Stroh, Heidekraut oder Grassoden verwendet. Ausführungen mit Dachziegeln, Dachsteinen, Wellplatten, Tonhauben, Kunststoffhauben u. a. sind möglich.
2. Ausführung
Das Reetdach ist in glatter Fläche von der Traufe zum First zu decken, wobei die einzelnen Lagen waagerecht durchgehend aufzubringen sind. Auf der Lattung wird eine etwa 30 mm dicke Schicht aus Reet als Vorlage gelegt. Diese Vorlage soll verhindern, dass die Spitzen der Deckbunde unter die Latten getrieben werden. Bei der Bindung der einzelnen Decklagen muss der Draht von der Latte her etwa inmitten der Deckung liegen. Die Bindung, je nach Befestigung und Deckungsart, soll möglichst in der Mitte der Halmlänge in Abständen bis max. 0,25 m erfolgen. Bei steileren Dächern soll mit geringeren Abständen gebunden werden, z.B. über 60° mit max. 0,20 m. Die Bindung muss fest an der Lattung liegen.
Die Neigung der Gebinde unterhalb der Bindung darf um etwa 15° geringer als die Dachneigung sein.
Die Dicke der Reetdeckung beträgt in der Fläche rechtwinklig zur Dachoberfläche mindestens 0,30 m.
Das Reet verläuft in der Längsrichtung von der Traufe bis zum First mit den Stoppelenden zur Traufe. Lediglich die rechts und links an Abschlüssen befindlichen Decklagen müssen so angelegt werden, dass deren Stoppeln den Überstand bilden.
3. Deckarten
Beim gebundenen Reetdach werden die Decklagen unter Verwendung eines Vorlegedrahtes mit Bindedraht an die Latten gebunden.
Beim genähten Reetdach werden die Decklagen mit Draht ohne Verwendung eines Vorlegedrahtes an die Latten gebunden. Die Bindungen sind in jeder weiteren Decklage versetzt anzubringen. Die Stichweite beträgt max. 0,25 m.
Beim geschraubten Reetdach werden die Decklagen mit Draht befestigt, der an den Latten angeschraubt wird. Der Abstand der Schrauben darf 0,20 m nicht überschreiten.
4. Pflege und Wartung
Wie jedes Bauteil unterliegt auch eine Dachdeckung der natürlichen Alterung. Je nach Art und Güte der verwendeten Werkstoffe, der inneren und äußeren Beanspruchung ist diese unterschiedlich stark ausgeprägt. Sie hängt ab von klimatischen Verhältnissen, Umwelteinflüssen, Nutzung des Gebäudes, mechanischen und thermischen Einflüssen und konstruktiven Gegebenheiten.
Zum dauerhaften Erhalt der Funktion eines Daches sollen Reetdeckungen in regelmäßigen Abständen gewartet werden. Regelmäßige Inspektion oder Wartung eines Daches liegen im Verantwortungsbereich des Eigentümers. Er beugt dadurch größeren Schäden am eigenen Gebäude vor und erfüllt damit die Obliegenheitsverpflichtung gegenüber Sachversicherern und Unbeteiligten. Vorzugsweise bietet sich dafür der Abschluss eines Inspektions- oder Wartungsvertrages mit einem Dachdeckerbetrieb an. Je nach Eigenart und Beanspruchung des Daches sollen feste Zeitintervalle und der Umfang der Inspektion oder Wartung festgelegt werden.
Weiterhin ist ebenfalls eine regelmäßige Kontrolle der Sicherheitseinrichtungen, Tritte oder Wege, die für eine Dachbegehung o. Ä. vorgesehen sind, erforderlich. Diese Einrichtungen dienen dem persönlichen Schutz und sollen daher in festen Zeitabschnitten auf ihre Funktionstauglichkeit kontrolliert werden.
Zur Ausbesserung kleiner Schäden in der Dachfläche wird das Reet nach Bedarf vorgezogen, neu gebunden und mit neuem Werkstoff entsprechender Länge nachgetrieben und geglättet. Ist die Reetdeckung so abgewittert, dass die Bindung zum Vorschein kommt, ist die Deckung nicht regensicher und eine Neudeckung erforderlich. Das regional übliche Überdecken der dünn und schadhaft gewordenen Dachdeckung mit einer neuen Lage aus Reet ist möglich, aber nicht empfehlenswert. Die überdeckende neue Lage muss mindestens 0,30 m dick sein und den Kriterien einer Neudeckung entsprechen.
Quelle: ZVDH