Seit der Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) im Jahre 2004 hat es in
Deutschland einen erheblichen Zuwachs an großen landwirtschaftlichen Biogasanlagen
gegeben. Ein neu eingeführter Stromvergütungsaufschlag ermöglicht es seitdem, in gro-
ßem Stil nachwachsende Rohstoffe (NAWARO) als Gärmaterial einzusetzen, die auf ihre
Masse bezogen besonders hohe Gasausbeuten ermöglichen. Im Jahr 2005 lag die durch-
schnittliche Leistung einer neu installierten Anlage bei über 600 kWel
. Die installierten Mo-
tor-BHKW erzeugen eine mindestens ebenso hohe Wärmeleistung. Zu einem geringen
Teil wird diese Wärme zur Erwärmung des Zugabematerials und der Aufrechterhaltung
der Betriebstemperatur des Biogasfermenters benötigt. Dieser Anteil ist aufgrund eines
günstigeren Oberflächen-Volumen-Verhältnisses großer Fermenter und durch die hohe
Energiedichte von NAWARO wesentlich geringer als bei den mit Gülle betriebenen Anla-
gen. Die Nutzung für die Beheizung des landwirtschaftlichen Betriebes, die sonst noch
öfters vorkommt, ist zu unbedeutend, sodass ein großer Teil der Abwärme über Luftkühler
an die Umwelt abgegeben wird. Auch der gemäß EEG §8 Abs. 3 bestehende Anreiz eines
KWK-Bonus konnte nicht verhindern, dass bislang der überwiegende Teil der Biogas-
BHKW-Wärme ungenutzt bleibt. Der KWK-Bonus von 2 ct/kWhel
wird analog zur externen
Wärmenutzung für Anlagen, die nach dem 1.1.2004 in Betrieb genommen worden sind,
gewährt. Nur ein geringer Anteil der bestehenden Anlagen wurde an Stellen errichtet, an
denen gute Wärmeabsatzmöglichkeiten bestehen.
Aufgrund dieser Feststellung wurde es als sinnvoll erachtet, die bestehenden Wärmenut-
zungsmöglichkeiten systematisch zu untersuchen. Eine entsprechende Untersuchung
wurde gemeinsam vom Bremer Energie Institut und dem Institut für Umweltverfahrens-
technik mit finanzieller Unterstützung der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe von
Dezember 2005 bis Februar 2007 durchgeführt. Die darin gewonnenen Erkenntnisse sind
in dem hier vorgelegten Leitfaden eingeflossen. Er enthält Informationen zu den prinzipiell
heute realisierbaren Optionen, die Anlagenbetreibern und Planern eine Orientierung zum
Einstieg ermöglichen sollen. Im Fokus stehen abgeschieden angeordnete landwirtschaftli-
che Biogasanlagen (250 bis 2000 kWel
). Es handelt sich also um die Anlagen, für die die
Wärmenutzung bei der Festlegung des Standorts ursprünglich eine untergeordnete Rolle
spielte. Das ist sicherlich nicht der Fall, falls eine der folgenden Möglichkeiten erwogen
wird:
- die Nutzung der erzeugten Wärme im Rahmen eines Nah-/Fernwärmenetzes oder
- die Fortleitung des schwach aufbereiteten Biogases mittels eigener Leitung zu
Wärmegroßverbrauchern oder
- eine intensive Aufbereitung zwecks Einspeisung des erzeugten Biomethans in
Erdgasnetze.
Diese Optionen sind deshalb außerhalb der Betrachtungen geblieben. Ebenso sind Kon-
zepte ausgeklammert worden, die so anspruchsvoll sind, dass sie nicht ohne weiteres zu
einer beliebigen Biogasanlage ergänzt werden können oder deren installierte Produkti-
onskapazität bereits die bestehende Nachfrage abdeckt. Hierzu zählen beispielsweise die
Erzeugung
- biologisch abbaubarer Kunststoffe,
- von Einblasdämmstoff aus Gräsern,
- von Hefe.
Im Mittelpunkt stehen Anhaltspunkte zur technischen und wirtschaftlichen Realisierbarkeit.
Dabei ist Wert darauf gelegt worden, die jeweilige Einschätzung mithilfe von Diagrammen,
Klassifikationen und Beispielrechnungen zu unterstützen. Aber in Anbetracht der Vielfalt
der bestehenden Varianten und Randbedingungen stößt die Pauschalierung bei einigen
Optionen sehr schnell auf Grenzen. In diesen Fällen wird zumindest eine Orientierung
dafür geboten, welche Betrachtungen zur Schaffung einer Einschätzungsbasis erforder-
lich sind bzw. welche Aspekte zur Bewertung im konkreten Fall berücksichtigt werden
müssen.
Die Darstellungen zu den behandelten Optionen sind einem bestimmten Schema unter-
worfen worden, um sie besser untereinander vergleichbar zu machen. Trotz der kurz ge-
haltenen textlichen Beschreibung besteht der Anspruch, möglichst viele Aspekte zu nen-
nen, die für die Planung und einen erfolgreichen Betrieb der jeweiligen Abwärmenutzung
von Nutzen sind. Aus diesem Grund wurde eine tabellarische Darstellungsform gewählt.
In der linken Spalte werden erklärungsnotwendige Betrachtungspunkte erläutert, während
in der rechten Spalte eine Einordnung der jeweiligen Optionen in jeweilige Klassen (In-
vest, Platzbedarf, Betreuungsaufwand etc.) enthalten ist, die eine grobe, dafür aber über-
sichtliche Beurteilungsbasis bietet. Dabei ergänzen sich die Angaben beider Spalten.
Im Folgenden soll darauf eingegangen werden, warum einige der in der Untersuchung
behandelten Optionen nicht mit in den Leitfaden aufgenommen wurden. Anschließend
werden allgemein geltende rechtliche Gesichtspunkte dargelegt, die eng mit den Wärme-
nutzungsoptionen verknüpft sind. Schließlich werden die grundsätzlich erwägenswerten
Möglichkeiten, die für abgelegene Standorte geeignet sein könnten, nacheinander darge-
stellt.
Verwertung von Wärmeüberschüssen bei landwirtschaftlichen Biogasanlagen (pdf, 3,4 MB)Quelle: Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V.