Die Pelletheizung ist die umweltfreundlichste Heizung, sollte man denken. Denn die Holzschnipsel, die darin verbrannt werden, setzen genauso viel Kohlendioxid frei wie der Baum beim Wachsen aufgenommen hat. Das ist das klimafreundliche Prinzip der nachwachsenden Rohstoffe. Doch bei näherem Hinsehen sind Pelletheizungen nicht automatisch ein Gewinn für die Umwelt.Auch Förster Peter Wohlleben befeuert sein Haus mit Pellets. Das macht ihn zum Besitzer einer Heizanlage die zur Zeit im Trend liegt. Und genau darin sieht er ein großes Problem: „Diese kleinen Pellets sehen eigentlich ganz harmlos und unschuldig aus. Ist auch ein toller Rohstoff, nämlich Heizholz in vollautomatisierbarer Form. Ein vollökologischer Brennstoff mit einer weißen – beziehungsweise grünen – Weste. Es wird aus Sägemehl hergestellt, also aus Abfall, deswegen habe ich mir so ein Ding hier reingestellt. Aber: aus hunderttausend Heizungen heutzutage sollen in zehn Jahren eine Million werden. Und dann reichen diese Reststoffe nicht mehr aus, dann braucht man Waldholz. Und dann wird mir Angst und Bange.
Probleme bei der TrocknungSchon heute werden mehr und mehr hochwertige Baumstämme als Rohstoff genutzt, zu Holzschnipseln zerhäckselt, die dann zu Pellets gepresst werden. Viele Haushalte stellen auf Pellet-Heizung um. Die allermeisten tun dies in dem Glauben, nicht nur dem Geldbeutel, sondern auch der Umwelt etwas Gutes zu tun. Aber stimmt das auch?
Peter Wohleben musste feststellen, dass schon die Herstellung der Pellets problematische Seiten hat: „Tja, das ist ein Ding. Ich war tatsächlich davon überzeugt, da ökologisch etwas Wertvolles zu tun. Mittlerweile habe ich aber durch Recherchen erfahren, dass Pellets nicht so ganz unproblematisch hergestellt werden. Da gibt es so bizarre Blüten, dass etwa zur Trocknung der Sägespäne, des Rohstoffs, in Blockheizkraftwerken Palmöl eingesetzt wird. Und für dieses Palmöl wiederum wird Urwald auf Borneo gerodet und stößt dabei so viel CO2 aus, dass ich das auch in hundert Jahren mit Pellets nicht wieder gut machen kann.“
Mit Palmöl das Pelletmaterial zu trocknen ist besonders widersinnig und umweltschädlich; doch auch die normale Trocknung der Holzspäne ist energieintensiv und belastet die Ökobilanz der Holzpresslinge. Für den Gemeindeförster aus der Eifel ein großes Ärgernis, denn Peter Wohlleben hat sich dem ökologischen Waldbau – einer umweltverträglichen Waldwirtschaft – verschrieben. Da will er natürlich mit seiner eigenen Heizung nicht zur Umweltzerstörung beitragen. Weder in fernen tropischen Ländern, noch in seinem eigenen Forstrevier.
Negative ÖkobilanzDie harmlos wirkenden Pressholz-Patronen könnten sich auch – in größerem Umfang eingesetzt – negativ auf das Klima auswirken. Denn bei ihrer Verbrennung wird ein Stoff frei, der normalerweise besser im Wald gebunden bleibt. Vor allem Totholz bietet nicht nur den Waldorganismen eine Lebensgrundlage. Es ist auch ein sicheres Gefängnis für den Klimaschurken Kohlendioxid. „Bäume, auch tote Bäume, speichern sehr viel CO2. Und entgegen der landläufigen Meinung wird das eben im Wald nicht vollständig zersetzt, sondern rund fünfzig Prozent bleiben dauerhaft in diesem Ökosystem erhalten, werden sozusagen weggeschlossen. Am Boden zum Beispiel auch in Form von diesen vermoderten Stämmen. Und wenn ich diesen Stamm jetzt vollständig verbrenne, also raushole und zu Pellets verarbeite, dann setze ich zu hundert Prozent CO2 frei, so dass unterm Strich die CO2-Bilanz von Holz nicht besser ist als bei Erdgas“, so Wohlleben.
Der Wald als PelletquelleAber auch der Wald selbst wird durch den neuen Holzbrennstoff geschädigt, fürchtet Förster Wohlleben. Denn die boomende Pelletproduktion macht das Ökosystem Wald zum lukrativen Wirtschaftsfaktor. Und das hat Folgen. Hochpotente Hightech-Maschinen verwandeln in Sekunden einen Baum in Pellet-Rohstoff. Mit Stumpf und Stiel werden die Stämme einer perfekt durchorganisierten Verwertung zugeführt. In solchen Wäldern bleibt die Natur auf der Strecke.
Peter Wohlleben hat sich deshalb auch ganz bewusst für einen privaten Arbeitgeber entschieden, der einen solchen Raubbau am Wald verhindern will: „Ich war über zwanzig Jahre im Staatsdienst und musste da mit ansehen, dass selbst in Naturschutzgebieten so gewirtschaftet wird. Das ist auch kein Wunder, dass das immer mehr wird, denn die Pelletindustrie hat selbst verlautbart, dass in den nächsten Jahren die Produktion verachtfacht werden soll. Die Frage ist: wo soll das alles herkommen? Das kann nur aus dem Wald kommen. Und der wird darunter zusammenbrechen.“
Wertstoff verkommt zum BrennstoffAuf der Suche nach Alternativen zu Öl und Gas sind die Energieerzeuger nun im Wald angekommen. Durch seine Ausbeutung wird Holz vom einstigen Wertstoff zum Brennstoff degradiert. „Die Pelletproduktion benutzt jetzt Holz das eigentlich für andere Verbraucher vorgesehen war, etwa die Papier- oder Möbelindustrie. So dass die Holzpreise jetzt immer weiter steigen und der öffentliche Druck auf die staatlichen Wälder so groß wird, dass sie dem nicht mehr lange standhalten können. Wenn diese Dämme brechen, dann blutet der Wald völlig aus und wir hinterlassen unseren Kinder im Prinzip eine ökologische Wüste“, prophezeit Peter Wohlleben.
Doch selbst wenn der gesamte deutsche Wald zu Schnipseln verarbeitet würde, könnte das unseren Brennstoffbedarf langfristig noch immer nicht decken. Auch Pellets können uns nicht unabhängig von Importen machen. Im Gegenteil: die wachsende Nachfrage nach diesem Brennstoff könnte zu großflächigen Abholzungen in bislang noch waldreichen Ländern führen - und damit zu weiterer Umweltzerstörung.
Nachteile könnten Vorteilen überwiegen„Dazu kommt, dass sich in Russland bereits eine ganz starke Pelletindustrie aufbaut und nur darauf wartet, und jetzt auch schon anfängt, Pellets nach Deutschland zu exportieren. So dass letzten Endes die ganzen Vorteile der Pellets - also Regionalität, heimischer Rohstoff, kontrollierte Erzeugung – ganz allmählich flöten gehen, und die Pellets möglicherweise genau die Probleme erzeugen, die sie beseitigen sollen“, meint der Öko-Förster.
Die besten Pellets sind also die, die man gar nicht erst verfeuert. Aus diesem Grund will Peter Wohlleben sein Domizil jetzt in ein Niedrigenergie-Haus verwandeln.
Quelle: Odysso - Wissen entdecken, SWR Fernsehen Axel Wagner