Moin Cranker,
interessante Gedanken, die du da anstößt – und ehrlich gesagt genau die Art von Thema, die immer mal wieder aufkommt, aber selten mit klaren Antworten endet. Wir leben definitiv in einem Land, in dem das Gesundheitssystem zu den besser ausgestatteten gehört, zumindest was die grundlegende Versorgung angeht. Das heißt aber noch lange nicht, dass alles perfekt läuft.
Ich persönlich hatte das „Vergnügen“ (wenn man es so nennen will), während einer Geschäftsreise in den USA eine Notaufnahme zu erleben – und ja, es war eine Erfahrung, die mir unser System hier in Deutschland plötzlich sehr sympathisch gemacht hat. Dort beginnt das Drama ja schon beim Betreten des Krankenhauses: “Haben Sie eine Versicherung?” – bevor überhaupt jemand einen Blick auf deine Verletzung wirft. Und wehe, man hat keine vernünftige Police, dann wird’s teuer. Da ist der Gedanke, bei uns „einfach so“ Hilfe zu bekommen, ohne vorher zig Dokumente zu wälzen, wirklich Gold wert.
ABER: Auch bei uns hat der Lack schon an manchen Stellen abgeblättert. Die Wartezeiten für Facharzttermine sind ein Paradebeispiel. Mein letzter Termin beim Orthopäden hat mich satte drei Monate gekostet, obwohl ich ein akutes Problem hatte. Klar, Hausärzte filtern und geben Empfehlungen, aber bei chronischen oder spezifischen Fällen wirkt unser System dann doch etwas überlastet. Von der Erreichbarkeit am Telefon ganz zu schweigen – da ist man froh, wenn man in dieser Zeit nicht selbstständig wieder gesund wird.
Ein anderer Punkt, den du angesprochen hast, sind die Gesundheitsprodukte, die da draußen herumschwirren. Ich bin selbst skeptisch, wie viel davon wirklich einen Mehrwert bietet. Ein Großteil davon spielt mit der Sehnsucht nach schneller Genesung oder besserer Gesundheit – gerade Nahrungsergänzungsmittel oder Selbsttests. Ein Kollege hat letztens so einen „Vitalitäts-Scan“ gemacht, den er online bestellt hatte. Am Ende bekam er einen schicken Bericht, der ihm sagte, dass er „moderaten Stress“ hat. Wow, welch bahnbrechende Erkenntnis…
Und was die internationale Innovationskraft angeht: Auch da könnten wir besser abschneiden. Klar, in der Forschung sind wir oft vorn mit dabei, aber bis neue Technologien oder Verfahren in der Praxis ankommen, dauert es manchmal ewig. Da sind Länder wie Israel oder Singapur deutlich agiler. Es ist irgendwie paradox – wir haben die Expertise, die Ressourcen, und trotzdem scheint unser System an manchen Stellen zu „verwaltet“ zu sein, statt wirklich zu modernisieren.
Trotzdem: In der Gesamtschau würde ich unser System nicht eintauschen. Wir haben Zugang zu Medizin, die für viele Länder unerreichbar bleibt. Perfekt ist es nicht, aber ich denke, der Vergleich mit anderen Systemen zeigt schnell, dass „gut“ manchmal mehr wert ist als „perfekt“.
Wie siehst du das? Hast du persönlich schon andere Systeme erlebt oder stützt sich deine Kritik eher auf Berichte und Vergleiche? Und wenn wir schon darüber reden: Wo würdest du den größten Handlungsbedarf sehen?
Viele Grüße